Hallo Kiesel, ich merke schon, wir haben hier konträre Meinungen

Noch ein paar Anmerkungen zu deinem Post:
"Hierzulande sind vermutlich die meisten mit Brot, Nudel- und Kartoffelgerichten sowie Müsli groß geworden."
Genau, und ist das nicht eventuell sogar schon der springende Punkt? Denn: obwohl seit Jahrzehnten Kohlenhydrate offiziell empfohlen und Fett verteufelt wird, hat sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung verschlechtert, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoiummunerkrankungen und Übergewicht sind auf dem Vormarsch. Zwei Drittel der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen (53 %) in Deutschland sind übergewichtig. Sicher ist auch der gestiegene Zuckerkonsum mit daran beteiligt, doch ein Punkt, der zu denken geben sollte: Will man Mastvieh möglichst schnell dick bekommen, wird es mit Getreide und Hülsenfrüchten (stärke- und kohlenhydratreich) gefüttert...
"Ich glaube die wenigsten Familien haben über Generationen hinweg ihre Ernährung auf etwas anderem als Stärke basiert." Das ist so nicht ganz richtig, zumindest nicht, wenn man es historisch betrachtet. In den meisten Volksgruppen war Stärke (z.B. in Form von wild gewachsenen Wurzeln, Maniok etc.) zwar durchaus ein Teil der Ernährung, Eiweiß und Fett aber in der Regel deutlich mehr, denn: Jäger (also Fleisch - und zwar von Kopf bis Fuß, mit allem Fett und inklusive den Organen) und Sammler. Von denen hat sicher niemand das Fett vorher weggeschnitten, weil es "ungesund" ist. Das ist heute noch so bei Völkern, die ursprünglich und abgeschieden vom Westen leben. Hinzufügen muss man aber, dass, je näher man dem Äquator kommt, der prozentuale Anstieg von Kohlenhydraten ansteigt, was meist am tropischen Obst liegt, das dort ja in Hülle und Fülle wächst.
"In Bezug auf die Nährstoffdichte sind vollwertige Kohlenhydrate nährstoffdicht - nicht selten sogar nährstoffdichter als Fleisch. Hirse bspw. ist ein hervorragender Eisenlieferant." Es gibt soweit ich weiß kein einziges Vitamin oder Mineralstoff, der zwar in Kohlenhydraten vorkommt, aber nicht in tierischen Lebensmitteln. Im Gegenteil, in tierischen Lebensmitteln sind die Mengen oft deutlich höher, als z.B. in Getreide.
Hirse hat zwar recht viel Eisen, pflanzliches Eisen wird vom Körper allerdings lange nicht so gut umgewandelt, wie tierisches (welches 1:1 umgewandelt wird). Das liegt u.a. an den pflanzlichen Antinährstoffen wie Phytinsäure. Oxalsäure (z.B. in Spinat) ist ein weiterer pflanzlich basierter Nährstoffräuber. Daher ist auch der tägliche Eisenbedarf bei Vegetarieren deutlich höher angesetzt, als bei Fleischessern - man muss mengenmäsig deutlich mehr essen, um unterm Strich auf einen ähnlichen Eisenwert wie ein Fleischesser zu kommen. Genauso verhandelt es sich mit anderen Mineralien wie Magnesium, Calcium etc. pflanzlichen Ursprungs. Bei Eiweiß verhält es sich ähnlich, nur in tierischem Eiweiß sind alle 12 Aminosäuren enthalten, bei pflanzlichen Lebensmitteln muss man clever kombinieren, um auf alle 12 zu kommen (z.B. Bohnen + Reis oder Nüsse + Getreide).
Das mag sich jetzt so anhören, als würde ich tierische Lebensmittel glorifizieren, was definitiv nicht der Fall ist. Auch meine Ernährung ist größtenteils pflanzlich, mit viel frischem Gemüse und Obst. Nur finde ich es nicht mehr zeitgemäß, Fett und tierisches Eiweiß als den Bösewicht hinzustellen und Kohlenhydraten gleichzeitig weiterhin den bedenkenlosen Passierschein auszustellen bzw. die Ernährung womöglich sogar darauf zu basieren. Das haben wir jahrzehntelang so gehandhabt und geholfen hat es nicht, im Gegenteil. Selbst die DGE empfiehlt mittlerweile deutlich weniger Kohlenhydrate z.B. in Form von Getreide zu sich zu nehmen, als noch vor einigen Jahren. Es gibt noch viel veraltetes Wissen "da draußen", doch langsam aber sicher wendet sich dank neuer Studien das Blatt. Auch wenn es wohl noch Jahre dauern wird, bis sich das in den offiziellen Empfehlungen widerspiegeln wird, denn da sind natürlich immer noch die Lobbyverbände und die Bürokratie.
Wer das nicht abwarten will, kann ja einfach mal einen Selbstversuch starten und sehen, womit es ihm besser geht. Ich hatte jahrelang als überzeugte Vegetarierin und zeitweise Veganerin unregelmäßige Zyklen. Und das, obwohl ich immer so gegessen habe, was allgemeinhin als "gesund" gilt- Kohlenhydrate, fast immer nur Vollkorn, viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, wenig Fett, wenig Zucker. Verarbeitetes Soja habe ich zum Glück damals schon gemieden, wohlwissend, wie schädlich es sein kann. Vor ein paar Jahren habe ich meine Ernährung dann umgestellt, wieder tierische Lebensmittel - in Maßen und in top Bio Qualität - sowie deutlich mehr Fett integriert und siehe da: Seither habe ich Bilderbuchzyklen. Und im Nachhinein macht es auch Sinn, denn: Hormone bestehen überwiegend aus Fett und Eiweiß. Meine PMS ist verschwunden. Mein Mittelschmerz (der vorher oft so übel war, dass ich Schmerztabletten nehmen musste) ist verschwunden. Das muss natürlich nicht für jede Frau gelten, aber mich hat es nachdenklich gemacht.
Wie gesagt, ich kann das Buch von Lily Nichols nur empfehlen. Sie ist selbst auch Ernährungswissenschaftlerin, Mutter zweier Kinder, arbeitet seit Jahren klinisch mit Schwangerschaftsdiabetes Patientinnen und hat eine Quellenangabe von ungefähr 30 Seiten in ihrem Buch, die aktuelle Studien zitiert und auf die sie ihre Arbeit basiert.